Content Marketing: Kreatives Schreiben

Datum: 23. März 2020
Autor*in: Hannes Heigenhauser


Hat das geschriebene Wort in Zeiten von Instagram und YouTube an Bedeutung verloren? Meiner Meinung nach überhaupt nicht, es haben sich lediglich die Vorzeichen geändert.

Schreiben fürs Web

Noch immer bewerten Suchmaschinen digitale Inhalte sehr stark auf Basis von Texten. Bei Bildern behilft sich Google mit Beschreibungs- und Alternativtexten, um die Bildinhalte interpretieren und einordnen zu können. Auf stark bildgetriebenen Plattformen wie etwa Instagram differenziert man sich als Unternehmen / Destination mit den passenden Texten zum Bild. Kreatives Schreiben und die Veröffentlichung zielgruppenrelevanter Inhalte haben enorm an Bedeutung gewonnen. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einige Tipps und Best Practices, damit Ihr nächster Artikel, Beitrag oder Post gefunden und gelesen wird.

Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen.

Marc Twain

5 Tipps für gelungene Webtexte

Tipp 1: Gründliche Vorarbeit

Am Anfang eines jeden Textes hat man lediglich eine Idee und ein leeres Blatt Papier. Das Blatt – oder realistischer: Das Word Dokument oder der geöffnete Beitragsentwurf – muss „nur noch“ gefüllt werden. Doch bevor man die erste Zeile schreibt, hat man sich instinktiv und hoffentlich systematisch wichtige Vorüberlegungen gemacht, die beim gesamten Prozess des Schreibens helfen können. Über die Wichtigkeit und Bedeutung eines Redaktionsplans habe ich schon in einem anderen Beitrag geschrieben, doch hier möchte ich dessen Bedeutung noch einmal unterstreichen. Der Redaktionsplan ordnet alle kreativen Prozesse in ein übergeordnetes System und unterstützt die Synchronisation aller Content Kanäle. Es gibt jedoch noch weitere Aspekte, die vor dem eigentlichen Schreiben bedacht werden sollten.

An wen richtet sich mein Text?

In der Kommunikationstheorie gibt es immer einen Absender und einen Empfänger. Der Absender übermittelt eine bestimmte Botschaft, die vom Empfänger aufgenommen, interpretiert und eingeordnet wird.

Diese grundlegende Beziehung ist wichtig, da sich Empfänger und Absender in vielerlei Hinsicht unterscheiden können:

  • Vorwissen zu einem bestimmten Thema
  • Sprachduktus
  • Sprachgebrauch
  • Affinität zu fremdsprachigen Begriffen
  • Tonalität
  • Alter, Geschlecht, Herkunft, soziales Milieu, etc.

Diese Unterschiede können im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Empfänger die Botschaft nicht versteht oder gar falsch interpretiert. Der Absender muss sich vor dem Verfassen überlegen, an Wen sich seine Botschaft richtet und seinen Schreibstil anpassen. In sozialen Medien herrscht ein anderer Schreibstil vor als in einem wissenschaftlichen Blog, ein werblicher Artikel weckt andere Emotionen als ein Reisebericht.

Passe deine Sprache an deine Zielgruppe an!

Wo wird mein Text veröffentlicht?

Verschiedene Medien / Kanäle haben verschiedene „Regeln“. Diese meist „ungeschriebenen Gesetze“ sollte man im Schreibprozess berücksichtigen, damit der Content bereits im Vorfeld optimiert ist:

  • In sozialen Netzwerken ist die Kommunikation per „Du“
  • Social Media Texte sind grundsätzlich kürzer
  • Blog Beiträge sollten ein Thema umfassend beantworten
  • Newsletter sollten klare Call to Actions enthalten

Mit dem jeweiligen Kanal unterscheidet sich die Strategie der Veröffentlichung. Für soziale Medien gibt es zielgruppenspezifisch optimierte Zeitpunkte der Veröffentlichung, zu denen besonders viele User online sind. Die Statistik hierzu findet man im Business Manager. Bei Newslettern gilt: Keine Newsletter am Freitagnachmittag oder Montagmorgen.

Die Website Struktur sollte in diesem Schritt zusätzlich bedacht werden. Von welchen Seiten aus soll man den neuen Text erreichen können und welche Navigationspfade sind hierzu am Besten geeignet. Dabei ist die Versuchung groß, die Hauptnavigation anzupassen, das sollte aber nur in den seltensten Fällen geschehen. Wichtiger und häufig nutzenstiftender ist es, den neuen Text über Call to Actions auf passenden Themenseiten zu verlinken oder anzuteasern. Linkbuilding innerhalb des eigenen Portals oder der eigenen Seitenarchitektur spielt bei der Auffindbarkeit der Artikel eine entscheidende Rolle.

Passe deine Sprache an den jeweiligen Kanal an!

Gibt es diesen Text bereits?

Die Theorie des „Geborgten Wissens“ besagt, dass alles, was wir denken, schon einmal gedacht wurde. In Wahrheit erfinden wir keine neuen Texte, sondern schreiben sie nur neu auf. Auch wenn dieser Ansatz etwas übertrieben scheint, so sollten wir vor dem Schreiben doch überlegen, ob das Thema bereits behandelt wurde.

Beispiel: Ein zweiter Blog Beitrag über die „5 schönsten Radtouren am Chiemsee“ auf der eigenen Website macht wenig Sinn: Weder aus Usersicht, noch für die Suchmaschinenoptimierung. Welche Liste gilt denn nun? Falls man in der Recherche bemerkt, dass ein Beitrag bereits existiert, sollte man zweimal überlegen, ob man ihn wirklich neu schreiben sollte. In diesem Fall ist es wesentlich sinnvoller, den vorhandenen Beitrag „aufzufrischen“ und auf den neuesten Stand zu bringen.

Kopiere dich nicht selbst!

Gibt es ein Glossar?

Die Verwendung bestimmter Begriffe oder das Weglassen davon ist in vielen Unternehmen bereits schriftlich verankert. Dadurch wird Kontinuität in der Kommunikation hergestellt, einerseits beim Schreiben, aber auch beim Übersetzen von Artikeln. Beispielsweise kann in einem Glossar verankert werden, wie Ortsnamen übersetzt werden:

Chiemsee“ wird zu „Lake Chiemsee

Verwende stehende Begriffe und halte sie in einem Glossar fest!

Welche Frage will ich in meinem Text beantworten?

Ganz klar die entscheidende Frage vor dem Schreiben, doch wohl die Schwierigste. Das Thema ist durchdacht, doch die „Frage“ ist noch unbeantwortet. Hier hilft wiederum die Betrachtung eines Beispiels weiter, um diesen Punkt zu verstehen. Das Thema eines Beitrags lautet „Dein perfekter Laufschuh„, dann lautet die Frage am Besten“Wie finde ich den perfekten Laufschuh?“. Der Text sollte also nicht die „Geschichte des Laufschuhs“ erzählen oder „Laufschuhe für Trailrunner“ erklären, sondern klar darlegen, wie man für sich den richtigen Laufschuh auswählt. In einem Beitrag sollte nur eine Frage beantwortet werden, dafür aber umfassend, also holistisch. Nach dem Lesen darf der Empfänger zu diesem Thema keine weitere Frage mehr haben, im besten Fall interessiert er sich gleich für das nächste Thema.

Beantworte eine einzige Frage, diese aber zur Gänze!

Welches Format soll verwendet werden?

Im Content Marketing gibt es unzählige unterschiedliche Formate. Je nach Format unterscheidet sich die Tonalität eines Textes und die Intention:

  • Facebook Seitenpost
  • Facebook Veranstaltungspost
  • Facebook Umfrage
  • Instagram Story
  • Instagram Beitrag
  • Umfrage, Gewinnspiel, Rabattaktion, Interview, Leitfaden, etc.

Das Format sollte vor dem Verfassen feststehen, um dem Text eine Grundstruktur zu geben.

Gib deinem Text ein Format!

Tipp 2: User First Ansatz

Stelle deinen User in den Mittelpunkt und die Suchmaschinen werden dich dafür belohnen. Dieser Satz wäre vor einigen Jahren so noch undenkbar gewesen. Es wurden Texte für Suchmaschinen geschrieben und nicht primär für den User. Ergebnisse waren lange Texte, die in gefühlt 100 Variationen ein Thema behandelten, um möglichst viele Abwandlungen eines Keywords einbauen zu können.

LANGWEILIG!

Mittlerweile sind Suchmaschinen so intelligent, dass sie das Verhalten der User höher bewerten, als die Verwendung bestimmter Keywords. Natürlich enthält dieser Text zahlreiche Synonyme für Texten oder Schreiben. Allerdings verwende ich diese Begriffe nicht mit der Intention „Suchmaschinen glücklich zu machen“, sondern einen möglichst abwechslungsreichen Text über ein fachliches Thema zu schreiben. Um langfristig erfolgreich zu sein, muss der Empfänger im Mittelpunkt stehen.

Tipp 3: Die Quintessenz

Neben der Kernfrage ist die Kernaussage deines Textes eine wichtige Hilfestellung. Sie fasst die wichtigste Aussage deines gesamten Beitrags in einem oder wenigen Sätzen zusammen. Beispielsweise eignet sich diese Quintessenz für die Betreffzeile eines Newsletters oder für die Meta Description des Beitrags. In Tonalität und Sprache ist dieser Satz bereits an der Zielgruppe ausgerichtet. Dabei gilt: Je kürzer, desto besser. Niemand erinnert sich an jeden Satz eines Romans, aber sicher an eine ganz bestimmte Stelle oder einen Slogan sehr wohl. Im Folgenden wird die Quintessenz ausformuliert und auf die gewünschte Länge gedehnt, ohne dass der Content zu sehr verwässert.

Tipp 4: Der Prozess des Schreibens

Über den kreativen Prozess des Schreibens, das Strukturieren von Artikeln und den Einsatz der richtigen Formulierung wurden schon unzählige Fachbücher veröffentlicht. Deshalb möchte ich im Folgenden kurz erläutern, in welchem Umfeld (Außenansicht), in welchem Zustand (Innenansicht) und mit welcher Vorgehensweise (Prozessansicht) ich Beiträge schreibe und veröffentliche.

Das Umfeld des Schreibens

Der Arbeitsalltag der meisten Texter beschränkt sich nicht auf das Schreiben an sich. Häufig gibt es „Ablenkungen“ oder andere Tätigkeiten, welche die Aufmerksamkeit ablenkt. Sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren ist eine große Kunst im modernen Arbeitsumfeld. Hier ein paar Tipps für das richtige Umfeld:

  • Bewusst Zeit nehmen für das Schreiben eines Artikels und als Termin eintragen
  • In dieser Zeit keine Mails lesen
  • Ablenkungen minimieren
  • Whiteboard und Notizheft als Gedankenstütze verwenden
  • Alle 30 Minuten kurz aufstehen

Es gibt Texter, die auf ihr Notizbuch schwören und ganze Texte darin verfassen, bevor sie digital erscheinen. Oder man schreibt freier an der frischen Luft. Wichtig ist, dass unser Umfeld unser Schreiben unterstützt und im wahrsten Sinne Raum lässt zur Kreativität.

Die Geisteshaltung

Wer einen Text oder Beitrag in Eile geschrieben hat, wird sich spätestens nach ein paar Wochen wünschen, man hätte sich die Zeit dafür genommen. Innerlich ist es für das Schreiben am Förderlichsten, wenn wir entspannt und ruhig sind, gleichzeitig jedoch begeistert von dem, was man schreibt.

  • Schreiben ohne Zeitdruck
  • Nicht nach einem anstrengenden Termin mit dem Schreiben beginnen
  • Zu der Tageszeit schreiben, zu der man sich am Kreativsten fühlt

Der Schreibprozess

Ich habe immer die Kernfrage und Kernaussage vor mir liegen und orientiere mich an Beidem, um meinem Text eine erste Grobstruktur zu geben. Dies sind im Wesentlichen die Überschriften, ergänzt um ein paar wenige Stichpunkte.
Im nächsten Schritt formuliere ich die Absätze aus und gleiche sie mit der Kernfrage ab. Beantwortet mein Text die Kernfrage? Auf diese Weise entsteht eine Rohfassung meines Texts. Nach einiger Zeit und einer etwas längeren Pause widme ich mich zuerst dem ganzen Text und dann einzelnen Formulierungen. Ich untersuche, wie häufig ich bestimmte Füllwörter verwende – bei mir häufig: deshalb, daher – und verbessere die Punktuation und Grammatik.
Zum Schluss versuche ich mich in die Rolle des Lesers zu begeben und versuche meinen Text durch seine Augen zu lesen. Erst wenn dieser Prozess abgeschlossen und der Text soweit optimiert ist, veröffentliche ich den Beitrag.

Tipp 5: Veröffentlichung und Content Pflege

Nach der Veröffentlichung ist vor der Pflege. Wie immer gilt im digitalen Maßstab, dass Optimierung ein fortlaufender Prozess ist. Das heißt, von Zeit zu Zeit wird jeder Beitrag hinsichtlich Aktualität und Performance überprüft.

  • Wird der Text vollständig gelesen?
    (Messung: Scroll Depth oder Average Time on Site)
  • Wird der Text gefunden?
    (Organic Ranking)
  • Wird der Text empfohlen?
    (Social Sharing, Kommentare, etc.)

Je nachdem, wie diese Analyse, die am Besten jährlich durchgeführt wird, ausfällt, kann ein Beitrag…

  • … beibehalten werden (keep it)
  • … aktualisiert werden (adapt it)
  • … gelöscht werden (trash it)

Vor allem letzteres fällt schwer, da viel Arbeit und Hingabe in die Erstellung eines Beitrags fließt. Dennoch sollte man diesen Prozess nüchtern durchführen und sich nicht davon beirren lassen, wenn ein Beitrag gelöscht wird.

Fazit

Schreiben ist ein Prozess, der neben Kreativität und ebenso viel Empathie die Fähigkeit zum analytischen Vorgehen erfordert. Kommen alle drei Eigenschaften zusammen, dann schreibt man im Flow. Der Leser wird es spüren. Ob dieser Text, den Sie gerade gelesen haben dazugehört, das überlasse ich natürlich Ihnen.


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